Abwerben von Fachkräften: OpenAI will Kampf um Mitarbeiter gegen Meta aufnehmen

OpenAI will das Abwerben von KI-Fachkräften durch Meta nicht länger hinnehmen und geht in die Offensive. Dennoch beabsichtigt der auf Künstliche Intelligenz spezialisierte Konzern nicht, seine Mitarbeiter um jeden Preis zu halten, wie Chief Research Officer Mark Chen nun in einem Slack-Memorandum an die Belegschaft erklärte.

Kampf um Top-Talente weitet sich aus

Nur wenige Tage, nachdem Meta-CEO Mark Zuckerberg vier leitende Forscher von OpenAI für das Superintelligenz-Labor seines Unternehmens abwerben konnte, wandte sich Chen am vergangenen Samstag mit einem eindringlichen Schreiben an seine Mitarbeiter. Darin versprach er, dass sich OpenAI mit Meta ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die besten Forschungstalente liefern werde. Dafür beabsichtigte der Forschungsleiter, Gespräche mit jenen Mitarbeitern zu führen, die von Meta ein Angebot erhalten haben, um sie vom Verbleib bei OpenAI zu überzeugen. Diese Angebote sollen dabei sehr lukrativ ausfallen: So berichtet CEO Sam Altman in einem Podcast mit seinem Bruder Jack Altman, dass Mitarbeiter für ihren Wechsel zu Meta bis zu 100 Millionen US-Dollar in Aussicht gestellt wurden.

Experten sollen gehalten werden – aber nicht um jeden Preis

Chen führte in seiner Mitteilung weiter aus, dass gemeinsam mit der Geschäftsleitung, einschließlich Altman, nach Wegen gesucht werde, Mitarbeiter trotz der Offerten von Meta zu halten, etwa durch finanzielle Entschädigungen oder eine Anpassung der Gesamtvergütung. „Wir sind proaktiver als je zuvor, wir passen die Struktur neu an und wir suchen nach kreativen Wegen, um Spitzentalente anzuerkennen und zu belohnen“.

Dennoch will das Unternehmen wechselwillige Mitarbeiter nicht um jeden Preis an sich binden. Chen erklärte, er habe zwar „hohe persönliche Standards der Fairness“ und wolle die Top-Talente des Unternehmens halten, jedoch werde er „dies nicht um den Preis der Fairness gegenüber anderen tun“. Auch wenn das Vorgehen von Meta aktuell in den Medien hohe Aufmerksamkeit erfahre, sei der Erfolg offenbar überschaubar geblieben. So habe Meta laut Chen seine neuen KI-Aktivitäten in den letzten Monaten zwar aggressiv ausgebaut und wiederholt versucht, einige der stärksten Fachkräfte bei OpenAI mit „Kompromissangeboten anzuwerben“, sei dabei jedoch meist erfolglos geblieben.

Ernst der Lage wird schnell deutlich

Trotz punktueller Beschwichtigung bleibt der Eindruck bestehen, dass bei dem KI-Spezialisten aktuell sämtliche Alarmglocken läuten. So bleibt für den CRO das Gefühl, „als ob jemand in unser Haus eingebrochen ist und etwas gestohlen hat“, und forderte gleichzeitig das Vertrauen seiner Kollegen ein, dass die Führung von OpenAI nicht untätig „dagesessen habe“. Chens Notiz enthielt zudem Beiträge von sieben weiteren Forschungsleitern, die ihre Mitarbeiter ebenfalls dazu aufriefen, im Unternehmen zu verbleiben. Mitarbeiter sollten sich bei diesen melden, falls sie ein Angebot von Meta erhalten haben.

Ungünstiger Moment

Die Entwicklung trifft OpenAI auch deshalb zu einem ungünstigen Zeitpunkt, weil viele Mitarbeiter unter einer extrem hohen Arbeitsbelastung leiden, die nicht selten 80 Stunden pro Woche beträgt. Aus diesem Grund soll laut mehreren Quellen in der kommenden Woche der Betrieb von OpenAI weitgehend heruntergefahren werden, um der Belegschaft eine Auszeit und Zeit zum Verschnaufen zu ermöglichen. Die Führung von OpenAI sei sich darüber im Klaren, dass Meta über diese Pause informiert sei und diese Gelegenheit nutzen werde, um die Kontaktaufnahme zu weiteren KI-Experten zu intensivieren und sie gezielt zu erreichen, während sie von ihrem aktuellen Arbeitgeber isoliert seien.

Teils selbst verursachte Probleme

Zugleich scheint sich OpenAI mit dem eigenen Anspruch von CEO Altman, „alle paar Monate aufsehenerregende Ankündigungen sehen“ zu wollen, zunehmend selbst unter Druck zu setzen. Dies soll ein ehemaliger Mitarbeiter, der eng mit Altman zusammenarbeitete, einem Bericht von „Wired“ zufolge bestätigt haben. Auch Chen deutet an, dass ihm diese Problematik bewusst ist. So sieht er das Unternehmen „zu sehr in der Kadenz regelmäßiger Produkteinführungen und im kurzfristigen Vergleich mit der Konkurrenz gefangen“.

Gleichwohl versuchte der Forschungsleiter, die Auseinandersetzung als „Scharmützel mit Meta“ herunterzuspielen und zur Nebenaufgabe zu deklarieren. Der Fokus müsse weiterhin auf der zentralen Frage liegen, wie durch den Einsatz von Computern Intelligenz erzeugt werden könne. Gemeint dürfte damit die sogenannte künstliche allgemeine Intelligenz (AGI) sein, die als Vorstufe einer noch weiterentwickelten Superintelligenz gilt. Anders als heutige KI-Modelle soll AGI über menschenähnliche kognitive Fähigkeiten in sämtlichen Bereichen verfügen, was sie deutlich vielseitiger einsetzbar und dem Menschen in vielen Belangen überlegen machen könnte.